Seit sieben Jahren setzt sich Implenia für eine nachhaltige Entwicklung ein. Zeit für eine Standortbestimmung. In einem sogenannten Stakeholderdialog suchte das Unternehmen die Aussensicht und bestimmte die Schwerpunkte des weiteren Engagements.
«Nichts verlässt diesen Raum!» Das klingt fast wie ein Befehl, ist jedoch als Versprechen gemeint. Es ist die Grundregel der zweistündigen Veranstaltung, die Thomas Streiff an diesem herbstlichen Mittwoch in Zürich eröffnet. Streiff führt als Moderator durch den ersten Stakeholderdialog der Implenia. Im Seminarraum an der Hochschule für Wirtschaft Zürich haben sich ein Dutzend Vertreterinnen und Vertreter von Firmen und Organisationen zusammengefunden, um sich mit dem Bauunternehmen über Nachhaltigkeitsthemen auszutauschen.G4-24 Vertraulichkeit – und Vertrauen – bildet die Basis für den offenen Meinungsaustauch. «Ziel des Gesprächs ist herauszufinden, wo Aussenstehende die für Implenia wichtigen Herausforderungen sehen», erklärt Thomas Streiff, Partner im Beratungsunternehmen BHP, das sich auf solche Dialoge spezialisiert hat.
Stakeholder, zu deutsch Anspruchsberechtigte, sind Gruppen inner- oder ausserhalb eines Unternehmens, die von der Firmentätigkeit betroffen sind oder die umgekehrt das Unternehmen beeinflussen. Dazu gehören natürlich Mitarbeitende sowie Kundinnen und Kunden, aber auch Nachbarn, Umwelt- oder Entwicklungsverbände, Gewerkschaften und nicht zuletzt die Behörden.
«Die Diversität der Nachhaltigkeitsthemen und deren Ausprägungen konnten mit der gewählten Methodik sehr effizient und zielorientiert diskutiert werden. Trotz der vielfältigen Zusammensetzung der Stakeholder zeigte sich oft ein recht homogenes Bild, wohin sich Implenia entwickeln sollte.»
Désirée Baer, Mitglied der Geschäftsleitung SBB Infrastruktur, Leiterin Einkauf, Supply Chain und Produktion
Nachhaltigkeitskriterien sind nicht in Stein gemeisselt. Es gibt zwar eine lange Liste von Themen, die für die nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens grundsätzlich eine Rolle spielen – von den Arbeitsbedingungen über den Treibhausgasausstoss bis hin zum Wettbewerbsverhalten. Aber alle Organisationen stehen sowohl durch ihre eigenen Tätigkeiten als auch durch ihre Lieferketten vor unterschiedlichen Herausforderungen. Ausserdem verfügen selbst grosse Akteure nicht über unbegrenzte Mittel – sie müssen Prioritäten setzen.
Daher sieht die internationale Global Reporting Initiative GRI vor, dass Unternehmen eine Wesentlichkeitsanalyse vornehmen. GRI ist eine unabhängige Organisation, die weltweit verbreitete Grundregeln zur Nachhaltigkeitsberichterstattung geschaffen hat, nach denen sich auch Implenia richtet. In einer Wesentlichkeitsanalyse sollen Unternehmen bestimmen, welche Aspekte für die nachhaltige Entwicklung des Unternehmens vorrangig sind. Diese Bewertung soll aber nicht im stillen Kämmerlein erfolgen. «Wir möchten wissen, was die Gesellschaft von uns erwartet», sagt Anton Affentranger, der als CEO der Implenia am Anlass teilnimmt.
«Ich habe mich sehr über die substanziellen und offenen Inputs gefreut und bin dankbar für die teilweise sehr konkreten Ideen, die wir nun in den nächsten Monaten weiterverfolgen können.»
Anton Affentranger, CEO Implenia
Seit 2009 beschäftigt sich Implenia intensiv mit Fragen der Nachhaltigkeit. Dabei hat das Unternehmen ein fundiertes Know-how erworben, pflegte indes naturgemäss eine Innensicht. «Nun war es Zeit für eine Überprüfung unserer Marschrichtung», meint Affentranger zu den Teilnehmenden. Als Diskussionsgrundlage erstellte die Abteilung Nachhaltigkeit eine Themenliste, die zwölf Hauptaspekte der Bereiche Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Integrität umfasst. An einer internen Veranstaltung beteiligten sich rund 20 Mitarbeitende aus dem operativen Geschäft und den Supportfunktionen, um die Themen zu konsolidieren. An der Veranstaltung in Zürich brachten dann zwölf externe Stakeholder ihre Aussensicht zu den bedeutenden Schwerpunkten der Nachhaltigkeit ein. Damit berücksichtigte Implenia die Meinungen von Kunden, Lieferanten, Planern, Gewerkschaften, Verbänden, NGOs, Versicherern, Hochschulen, Investoren und Rating-Agenturen.G4-25, G4-26 Um einen effizienten Prozess zu garantieren, wurde die Bewertung der einzelnen Themen mit einem elektronischen Abstimmungssystem gleich vor Ort vorgenommen. Die Auswertungsergebnisse wurden unverzüglich an die Wand projiziert und konnten unmittelbar diskutiert werden.
«Es war eine grosse Bandbreite von Stakeholdern vertreten. Dadurch ergaben sich spannende Diskussionen. Es war interessant, Einblick in das Spannungsfeld zu erhalten, in dem sich Implenia bewegt. Ich hatte den Eindruck, dass sich das Unternehmen ernsthaft mit den wichtigen Themen auseinandersetzt.»
Roman Burger, Geschäftsleiter Unia Zürich-Schaffhausen
Dank des Stakeholderdialogs konnte sich Implenia ein genaueres Bild zur Relevanz der verschiedenen Themen machen und eine sogenannte Wesentlichkeitsmatrix aufstellen (siehe Abbildung). Bei der Betrachtung der Resultate fällt auf, dass viele Punkte sowohl von internen als auch von externen Teilnehmenden ähnlich eingeschätzt wurden. «Diese Resultate zeigen, dass sich unser Unternehmen in Bezug auf die gewählten Schwerpunkte auf dem richtigen Weg befindet», freut sich Rolf Wagenbach, Leiter der Nachhaltigkeitsabteilung. Obwohl es keine grossen Differenzen in der externen und internen Bewertung gebe, habe sich der Prozess gelohnt, sagt er. «Der Austausch im geschützten Rahmen hat auch zum gegenseitigen Verständnis beigetragen.»
Die internen und externen Teilnehmenden stellen hohe Erwartungen an Implenia als Branchen-Leader. Ein Quervergleich der Antworten zeigt, dass die internen Teilnehmenden tendenziell kritischer sind und somit ambitioniertere Erwartungen an Implenia hegen. Besonders deutlich zeigen dies die Einschätzungen zur Relevanz der Lärmemissionen. Die internen Teilnehmenden gewichteten diesen Punkt mit 3,6 von 4 Punkten, wohingegen die externen Teilnehmenden demselben Punkt nur 2,5 Punkte vergaben.
«Ich habe die effiziente Abwicklung des Anlasses und die direkte Beteiligung des CEO sehr geschätzt. Die kompetente Zusammensetzung der Runde hat eine gehaltvolle Diskussion ermöglicht und substanzielle Resultate gebracht. Bei solch zielorientierten Dialogen geben wir gerne unseren Input.»
René Estermann, Geschäftsführer myclimate
Die Schwerpunkte Ressourceneinsatz, Energieeffizienz und Klimawandel, Sicherheit und Gesundheit, Umgang mit Stakeholdern sowie Integrität wurden von den externen wie auch internen Teilnehmenden als sehr relevant eingeschätzt.G4-27
Folglich sind gemäss den Teilnehmenden die Schwerpunkte von Implenia künftig auf diese Punkte zu setzen. Mit etwas weniger Gewicht sind die Schwerpunkte Anstellungsbedingungen, Mitarbeiterentwicklung, volkswirtschaftliche Auswirkungen und das Thema Abfall zu behandeln. Der Umgang mit Wasser, Lärmemissionen und Biodiversität wurde schliesslich als nur wenig relevant eingeschätzt. Hierzu ist jedoch anzumerken, dass die Teilnehmenden diesen letzten Schwerpunkt nicht generell als unwichtig erachten. Aufgrund der weitreichenden Vorgaben und Standards im Bereich Lärm, Biodiversität und Wasser sei das Engagement von Implenia von Gesetzes wegen ohnehin viel höher und damit das Verbesserungspotenzial eher begrenzt. Bei den anderen Themen hingegen wären die gesetzlichen Bestimmungen nicht derart weitreichend. Daher könne Implenia durch proaktives und vorbildliches Verhalten neue Branchenstandards setzen und damit eine Vorreiterrolle einnehmen. Dies würde sich in einer höheren Wettbewerbsfähigkeit, einem besseren Image und nicht zuletzt hinsichtlich tieferer Materialausgaben und Emissionen auszahlen.